Montag, 3. Januar 2011

Wir sind da!

In unserem Veedel
Tag 1:

Wir sind tatsächlich angekommen!!!!!
Akwaba Ghana!!!

Nach dem wir mitten in der Nacht den langen Weg ins Ungewisse antraten, sind wir nach fast 20 Stunden erfolgreich auf ghanaischem Boden angekommen!

Vom kalten Winter mit Minusgraden in Deutschland war der Klima-Schock im unglaublich schwülen Westafrika enorm! Nach Zwischenstopps in Istanbul und Lagos (Nigeria) traf uns der Schlag als die Flugzeugtüren ihren Pforten öffneten und wir die unfassbare Schwüle Afrika´s mit über 30 Grad und extrem hoher Luftfeuchtigkeit zu spüren bekamen.

Wir wurden tatsächlich von einem Fahrer und der 16-jährigen Enkelin Maureen von unserer Leiterin Rose abgeholt.
Merke: Der erste Kontakt mit Menschen aus fremden Kulturen sollte nicht direkt mit dem Geben von Trinkgeld fürs neben-dem-Kofferwagen-hergehen zu tun haben! Wir fuhren im Jeep von der Hauptstadt Accra in das ca. 20 km entfernte Teshi - unserer neuen Heimat. Es war bereits weit nach 22 Uhr und wir bekamen die volle Ladung Afrika während der Fahrt mit! Mit offenen Augen - und ja, auch Mündern - blickten wir in die laute, schwüle Nacht. Der Kulturschock wurde immer spürbarer!

Wir wurden von Rose freundlich in Empfang genommen und bezogen (mit vor Müdigkeit tellergroßen Horst-Tappert-Augen) unser Quartier. Wir erhielten sogar jeder ein eigenes Zimmer und die erste Handlung vor dem zu Bett gehen bestand darin, das unabdingbare Moskitonetz an der Decke anzubringen. Danach konnte die erste Nacht beginnen mit Hitze, Hühnergeschrei vor dem Fenster und dem Lauschen nach den völlig unbekannten Geräuschen der afrikanischen Nacht.

(Ach, falls es noch nicht gesagt wurde, ich (Daniel) rieche seit Ankunft komplett nach Benzin. Unsere Rucksäcke lagen auf der offenen Rückbank neben einem offenen Benzinkanister, der natürlich die gesamten noch sauberen Klamotten mit Benzin tränkte.)

Tag 2:
HITZE HITZE HITZE !!!
Diese Eindrücke, die man hier erlebt kann man gar nicht in Worte fassen!!! Ich dachte, ich komme nach Afrika und habe mir einiges angelesen und wüsste wenigstens ansatzweise was mich erwartet! PUSTEKUCHEN!!! Hier läuft wirklich aaaaalles anders ab!!! Das beginnt mit den Temperaturen, dem Essen, den Leuten, einfach aaaaalles !!!
Wenn man bereits den Tag startet, weiß man, wo man ist. Nachdem man sich aus dem Moskitonetz gequält hat, beginnt der Gang zu einem Trinkwasser-Behälter, bei dem man sich Wasser für das Zähneputzen holt. Danach geht’s zum Brunnen hinter dem Haus und man holt Regenwasser. “Geduscht” wird mit Eimern und sobald man sich abgetrocknet hat, könnte man sofort wieder duschen, weil es so heiß ist.
Auch das auf-die-Toilette-gehen möchten wir an dieser Stelle nicht verheimlichen. Ich denke, jeder kennt den berühmten “Donnerbalken”!

Mehr Worte muss man nun eigentlich nicht mehr sagen… Tanja und ich haben uns erfolgreich 3 Tage vor dem “Abenteuer Toilettengang” herum geschlängelt. Aber alles nützt nix, irgendwann muss es sein sonst platzt man! Merke: Vor dem “Donnerbalken” gut mit Anti-Moskito-Spray einsprühen! ÜBERALL !!!

(übrigens sehe ich grade, dass aus meiner Computertastatur eine Ameisenstraße verläuft…)

Hier ist echt alles komplett anders! Nicht besser, nicht schlechter, einfach anders! Man kann es jemanden nicht beschreiben, der nicht hier war. Wir haben hier noch Glück und wohnen in einem richtig gemauerten Haus. Aber viele andere hier leben tatsächlich noch in vergammelten Bretterhütten und leben total verarmt. Hatte ich in dieser Art und Weise nicht erwartet!
Da hatte der Daniel noch keinen Sonnenbrand...

3. Tag:
Fahrt ins Chaos! Accra ein Ameisenhaufen!
Nach dem wir um 7.30 Uhr aufgestanden waren und “gefrühstückt” (was auch immer wir da für einen Brei zu essen bekamen) hatten, fuhren wir mit Rose zur Bank um Geld für Anstreichfarbe für den Kindergarten abzuholen. Eigentlich nichts besonderes. Aber was wir da sahen war keine Bank, sondern eine Hütte, bei der der Putz von den Wänden kam und (nicht übertrieben) 3 Millionen Leute auf 20 Quadratmetern waren um auch irgendwelche Geschäfte abzuwickeln. Ende vom Lied: Rose hatte kein Geld auf dem Konto…

Mit unserem monatlich zu bezahlenden Geld sind wir dann nach Accra gefahren um Farbe zu kaufen. Von Teshi nach Accra sind es ca. 20 km. Wir benötigten für die Strecke ca. 2 Stunden - und  das nur für die Hinfahrt! Merke: hier fährt jeder wie er will und die unasphaltierten Straßen haben Löcher, dass man beim Durchfahren mit dem Kopf an die Decke schlägt! Ein echtes Erlebnis! Ich könnte den ganzen Tag nur staunen! Über alles und jeden hier! Ich habe sowas noch nie gesehen: Wie in einem lauten Ameisenhaufen tummelten ich tausende Menschen auf den Straßen Accra´s! wir gingen über den Markt und ich wusste gar nicht wo ich überhaupt noch hingucken und gehen sollte! Unübersichtlich ging es durch ganz kleine Gässchen, in denen wirklich alles angeboten wurde: von Plastikmist bis lebende Schnecken und überall stank es anders! Neben lauten Musikboxen schliefen im Schatten der Mittagshitze Leute und nebenan wurde irgendein ekliger Fisch angeboten, der nicht wirklich frisch aussah…
Hier spielt sich ALLES auf der Straße ab! Das Duschen, das Spülen, das Schlafen und falls sogar jemand mal einen Fernseher hat, dann sitzen meist 10 Leute im Staub davor und schauen irgendeinen Scheiß - Hauptsache die Bilder in der Kiste bewegen sich!

Die Kinder spielen barfuss auf dem müllbedeckten und staubigen Boden Fußball und wenn wir als einzige Weiße weit und breit vorbei kommen, winken sie freundlich oder starren einen fasziniert an. Viele von ihnen haben noch nie einen weißen Menschen gesehen!

Der Tag ging bis jetzt meist mit einem Feierabendbier zu Ende. Wir waren meist schon um 22 Uhr auf der Matratze, weil die Eindrücke, die Hitze, der Lärmpegel und der kulturelle Unterschied einen total erschlagen!

Internet haben wir hier nicht, der Strom fällt mehr als ein paar Mal am Tag aus, fließend Wasser gibt es nicht und die hygienischen Gegebenheiten tun ihr übriges um wirklich festzustellen, dass wir in Deutschland ein Leben in Saus und Braus führen! Wenn man sich bei jedem Gang zum Händewaschen oder der Toilette Gedanken macht, ob es wirklich so dringend gerade ist, um dann zum Brunnen zu gehen, dann weiß man wieder Wasser zu schätzen!

Ps. An die Laufmonster:
Hier läuft gar nix - außer Schweiß! Sorry, aber ich werde euch wohl nicht wöchentlich mit neuesten afrikanischen Lauftaktiken versorgen…

Teshi, unsere derzeitige Heimat !!!


Tag 4:
Prost Neujahr !!! Was für ein Silvester!!!

Nachdem wir STUNDENLANG bei - positiv ausgedrückt - strahlendem Sonnenschein (negativ: glühender Hitze) den Kindergarten mit neuem Anstrich versehen haben, ging´s mittags zum Essen und es gab Fisch mit irgendeiner roten Soße und irgendeinem Hirsebrei. Nicht schlecht, aber auch kein 5 - Sterne-Menü. Hier wird sehr viel mit den Fingern gegessen (wichtig: immer nur die rechte Hand benutzen, die linke ist die schmutzige!). Wir versuchen uns anzupassen, probieren jedes Essen mit den Händen zu futtern, was nicht immer so einfach ist - besonders wenn Soße im Spiel ist.
Die Leute hier scheinen nicht richtig Hunger zu leiden, aber es beschränkt sich immer auf das gleiche Essen: FuFu, Kochbananen, Maisbrei, Reis und oftmals ist Fischgeschmack im Spiel. Morgens gibt’s Tee und Weißbrot mit Butter. Keine Marmelade, Käse oder Aufstrich - zu teuer! Also essen wir Weißbrot mit Butter und irgendwie ist das nach ein paar Tagen noch ok, wird sich bestimmt auch noch ändern…

Rose hat für uns einen Kerl (Adje) organisiert, der mit uns die Silvester-Nacht verbringen sollte und uns zu diversen Parties führen sollte. Das Ganze für 2 Bier - was hier für uns erschwinglich ist, jedoch für die meisten hier Luxus bedeutet.
Adje brachte noch 2 Freunde mit (alle so um die 30 Jahre) und es ging durch die dunklen verstaubten Gassen von Teshi. Als wir in immer düstere Regionen kamen, weil mal wieder der Strom ausgefallen war, wurde es uns leicht mulmig. Die Jungs stellten sich später als gute Guides raus, die uns zu ner Trommelschule führten, bei der die Silvesternacht stattfand. Und siehe da: Wir sahen die ersten Weißen nach einigen Tagen! Nach 2 Bier und ner sehr skurrilen letzten Nacht 2010 gings um 2 Uhr mit dem Taxi (echtes Abenteuer mit so einer Belchbüchse über die Buckelpiste zu düsen) nach Hause!

Die Erlebnisse kann man kann nicht beschreiben, aber hier wird Silvester gaaaanz anders zelebriert. Viele machen eine echte Party in den Kirchen und da platzen einem echt die Ohren, wenn man an den Kirchen vorbei geht. Bei uns würde man sowas wahrscheinlich Disco nennen!

Wir wollen auf dem Wege allen ein schönes neues Jahr wünschen und sind gespannt was uns nächste Woche erwartet, denn dann wollen wir unsere erste größere Reise machen bevor der Kindergarten Mitte Januar öffnet. Dann geht’s an der Küste entlang und wir werden mit Sicherheit weitere Sachen erleben, bei denen wir mal wieder nur mit dem Kopf schütteln können!


Tag 5:
Endlich - wir haben den Strand erreicht - ein Träumchen!!
Nach ordentlichem Ausschlafen und einem Frühstück mit Rose´Vater, einem ehemaligen Minister von Ghana, gings mal endlich in Richtung Strand. Vorher wollten wir noch kurz in einen Laden, in dem es Internet gibt. In Deutschland würde man Internet-Cafe sagen. Aber hier ist das dann doch etwas anders: In einer Holz-Hütte stehen auf 7 Quadratmeter 6 PC-Rechner und schwitzen vor sich hin. Apropos Wetter: Hier beginnt der Hamattan. Das ist ein aus der Sahara kommender Passatsturm, der von November bis Februar weht. Hauptmerkmal: trübe Tage, verursacht durch den feinen Sand: der Hamattan verfrachet jährlich Milliarden Tonnen Staub von Nordafrika in den Südwesten. Und genauso sehen wir und unsere Klamotten aus: rot!

Nun beginnt die Trockenzeit. Dies bedeutet für weite Teile des Landes Wasserknappheit - und wir werden wohl weiter zum Brunnen laufen um zu duschen...
Egal, nach dem wir 2 Stunden durch den Staub marschierten war es dann soweit: wir kamen ans Meer, dem Golf von Guinea! Und es war ein Träumchen! In der Nachmittagssonne haben wir uns ein feines Bierchen bestellt und aufs Meer geschaut! Nach all den Wahnsinns-Eindrücken mit Mega-Geräuschpegel bei Tag und Nacht war das dann echt ein Stück Himmel auf Erden! Das wird mit Sicherheit einer unserer zukünftigen Feierabendplätze!!! Hohe
Wellen und ein schattiges Plätzchen mit nem leckeren Bierchen, würde sagen, auch dieser Tag war ein voller Erfolg! Mal sehen was morgen abgeht, da ist Sonntag und wir gehen in die Kirche. Das läuft da wohl auch alles gaaanz anders ab....

Tag 6:
Ohhhhhhh mein Gott!!!!!!!!!!
Wir haben ja im Vorfeld schon einiges von den Gottesdiensten in Ghana gehört, aber welche Ereignisse sich uns dann tatsächlich boten, übertraf (mal wieder) jegliche Vorstellungskraft!!! Die Kirche darf man sich auf keinen Fall so vorstellen, wie wir sie kennen. Hier ist eine Kirche eine Holzhütte, in der Plastikstühle stehen, Gottesbilder blickend angeleuchtet werden und neben einem Schlagzeug (!), 3 weiteren Trommeln noch eine Allein-Unterhalter-Orgell steht. Das Ganze wird mit Musikboxen, die mit jeder Großraum-Disco in Deutschland mithalten kann, beschallt! Dazu "schreien Leute in Mikrofone und die Masse tanzt und singt nicht nur, sondern ist wirklich in Ekstase! Kann man mit keiner Techno-Veranstaltung vergleichen!! Hier ist das eine spirituelle Sache und anfangs war das auch noch lustig mit großen und Tinitus-Ohren zuzuhören. Aber als sich die erste Frau schreiend auf den Boden warf und dort liegen blieb, während alles andere weiter tanzte, da wurde es einem irgendwie komisch... Nun tantzen sich auch alle anderen in Trance und der Reihe nach warfen sich zappelnde, schreiende Frauen auf den Boden! Sie fielen tatsächlich in ohnmachtsähnliche Zustände und wir bekamen es echt mit der Angst zu tun!Sollten wir Erste-Hilfe leisten? Uns auch schreiend auf den Boden werfen oder besser ganz weit wegrennen?! Leute, ganz ehrlich, was da abging war nicht mehr von dieser Welt!!! Später haben wir erfahren, dass der Pastor böse Geister aus den Frauen vertrieb und damit Dämonen austrieb!!!
Schreien, tanzen, auf den Boden werfen / Geisteraustreibung
Tanja mit wer-weiss-wem
Daniel mit wer-weiss-wem
Mann, Mann, Mann... Auch das war - wie bisher jeder Tag - komplett von einem anderen Stern ! Völlig skurril !!!! Sowas kann man auch hier nicht beschreiben, man muss es erlebt haben! Also wir kommen täglich aus dem Staunen nicht heraus - es ist doch alles viel abgefahrener als anfangs erwartet!!!
 Unsere Kirche !!!

 

5 Kommentare:

  1. Na das klingt ja alles sehr aufregend, was Ihr da so erlebt. Ich warte gespannt auf weitere Berichte.
    Wünsche Euch weiterhin viel Spaß da unten und natürlich noch ein frohes neues Jahr!

    Liebe Grüße aus Kowelenz

    Heike

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  2. Hallo Herr Graef!

    erstmal gutes Neues Jahr!!! wat aufregend! Paßt auf euch auf, nicht dass du hier irgendwann wieder im Büro stehst und dich auf den Boden schmeißt und ich mich auf dich schmeißen muß;-) Viel Spaß weiterhin und gutes Schwitzen und vorischt beim Donnerbalken mit den Schlanden nicht nur mit den MOskitos;-)

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  3. Mein lieber Daniel,

    das sieht ja alles ziemlich vielversprechend aus in der neuen Heimat. Sauber, gepflegt und romantisch. Besonders fasziniert mich das Foto vom Marktplatz mit den originell als Strassensperre geparten Autos.

    Aber mal im Ernst: Wie tief geht es den runter, beim Donnerbalken und kann man da auch Zeitung lesen oder ist eher Unterhaltung mit dem Nachbarn angesagt.

    Ich wünsche Dir in jedem Fall ein frohes Neues Jahr und viel Erfolg bei allen Unternehmungen. Ich lasse bald wieder von mir hören. Hatte nämlich schon Angst, Du wärest am Flughafen Frankfurt mit dem frisch erworbenen LeatherMan erwischt worden. Da haben wir uns hier im Team schon so einiges an Kopf-Kino gemacht, wie Du Dir sicherlich denken kannst.

    Dein Pano

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  4. Cool! Hört sich alles total spannend an...und ihr tragt den Kulturschock mit Fassung :-)

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  5. das ist nicht Eure Kirche...
    das ist bestimmt Eure Kneipe und Du tarnst es nur von Anfang an damit Du immer erzählen kannst, Du seist in der Kirche gewesen wenn diese Bilder auftauchen...Schlagzeug, Boxen, Alleinunterhlater, Orgel tstststs, erzähl uns doch nichts ; )) VG - der Jens

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